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Vor 30 Jahren bauten Landwirte, darunter viele Demeterbauern die ersten Biogasanlagen, mit dem Ziel energieautark zu sein und fossile Rohstoffe zu schonen. Doch die Ausrichtung der Biogaspolitik und der Biogasanlagen änderte sich über die Jahre. Heute stehen wir vor den Auswüchsen einer Fehlentwicklung und müssen darüber nachdenken, wie diese schnellstmöglich gestoppt und Energiegewinnung aus Biogasanlagen in vernünftige Bahnen gelenkt werden kann.
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Landfraß durch Biogas
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In den letzten 13 Jahren verzehnfachte sich die Anzahl der Biogasanlagen in Deutschland auf heute mehr als 7100 Anlagen. Das Wachstum bei Biogas geht weiter, die Anlagen werden in der Regel mit Energiepflanzen gefüttert. Dadurch gingen in 2011 täglich 669 ha Ackerland für 20 Jahre an den Energiepflanzenanbau verloren. Pro Tag werden es im Jahr 2012 etwa 64 ha Ackerland sein (berechnet nach Fachverband Biogas).
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Eintönige Landschaft durch Biogasmais
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In der gängigen Praxis ist Mais ein wesentlicher Bestandteil des Substrates für die Anlagen. Zunehmend werden Flächen mit Mais bebaut - in Bayern wurden in 2010 140 000 ha Biogasmais (zusätzlich zu Futter/Speisemais) angebaut- mit Folgen für die Umwelt: Maismonokulturen fördern Bodenerosion, Wasserabfluss und Hochwässer durch Bodenverschlämmung, belasten das Trinkwasser mit Nitrat, die biologische Vielfalt wird verringert, die Ausbreitung spezieller Schädlinge wie Maiswurzelbohrer gefördert. Auch erhöhte klimaschädliche Stickstoffemissionen in Gasform sind zu befürchten. Das Landschaftsbild wird eintöniger. Eine enge Fruchtfolge mit Mais baut Humus ab und verringert die Bodenfruchtbarkeit nachhaltig: Mais bewirkt einen Humusabbau von minus 560 kg Humus-C/ha/Jahr- im Vergleich: Luzerne/Kleegras bringt plus 600 kg.
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Grünlandumbruch für Biogas schädigt Klima
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Der Umbruch von Grünland steigt noch immer stark an. Von 2003 bis 2008 haben die Grünlandflächen z. B. in Bayern um 1,9% abgenommen, von 2003 bis 2010 haben sie um 4% abgenommen. Das Bundesamt für Naturschutz beklagt als Ursache dafür den massiv gestiegenen Maisanbau durch die EEG-Förderung und sieht die biologische Vielfalt durch den Verlust von ökologisch wertvollem Grünland bedroht.
Die intensiven Klimaschäden, die ein Grünlandumbruch verursacht, können durch Einsparung von CO2-äq-Emissionen im Biogasbetrieb über viele Jahre nicht mehr ausgeglichen werden. In der oberen Schicht des Grünlandbodens (0-30cm) ist mit durchschnittlich 100 t C / ha fast doppelt so viel Kohlenstoff gebunden wie im Ackerboden (nach Saathoff 2008). Wird für den Anbau von Mais Grünland umgebrochen wirkt dies verheerend auf die Klimabilanz, nicht nur im Jahr des Umbruchs sondern über Jahrzehnte hinweg. Zusätzlich zu Treibhausgasemissionen befördert der Grünlandumbruch erhöhte Nährstoffausträge und Bodenerosion.
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Biogasgülle - ein organischer Dünger?
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Die Biogasgülle enthält hohe Anteile schnellwirksamen mineralischen Stickstoffs: rund 65% Ammonium (im Vgl. Rindergülle 45-50%, Stallmist 10-20%). Die Wirkung der Biogasgülle ist vergleichbar mit leicht verfügbarem mineralischem Stickstoff. Hier stellt sich die Frage, wieweit es noch mit dem Prinzip des Ökolandbaus vereinbar ist, wenn 100% der organischen Dünger eines (Biogas-)Betriebes leicht verfügbar sind. Der Grundgedanke des Ökolandbaus orientiert sich an organisch gebundenem Stickstoff als langsam fließender Quelle für Nährstoffe. Die Pflanze ernährt sich idealerweise indirekt über den Boden und nicht direkt über Wurzel (und Blatt) durch leichtlösliche Nährstoffe.
Zudem ist die Wirkung der Düngung mit Biogas-Gärresten auf den Boden wenig erforscht. Demeter-Experten erwarten langfristig eine Verminderung der Bodenfruchtbarkeit: Untersuchungen mit der rationalen Bildekräfteforschung wiesen 2005 darauf hin, dass sich Biogasgülle negativ auf den Kräftehaushalt des Bodens und auf die Nahrungsqualität auswirkt. Dr. Edwin Scheller vermutete Behinderungen des Aufbaus von Makroaggregaten der Enzyme des Bodenstoffwechsels.
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Staatliche Förderung des Energiepflanzenanbaus ist ineffizient
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Die für die Biogasförderung verwendeten Gelder wären in anderen alternativen Energieformen effizienter angelegt. Denn die Verwertung über Biogas hat eine nur gering positive Energiebilanz (Studie Nabu SH) und hohe CO2-äq-Vermeidungskosten im Vergleich zu Windkraft (BiogasForum Bayern, Dr. Gandorfer). Reine NaWaRo-Anlagen haben gar dieselben CO2-Emissionen pro Energieeinheit wie ein Erdgas-Kraftwerk.
Zudem ist der Flächenverbrauch dieser Anlagen ungeheuer groß. Biogas deckte in 2011 gerade mal 3% des Stromverbrauchs ab (Dr. Gandorfer) und benötigte dafür bereits ca 10% der LN in Deutschland. Im Vergleich dazu sind Photovoltaik und Windkraft um ein Vielfaches effizienter.
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Flächenbedarf erneuerbarer Energien (nach GEO 11/2012) |
Onshore Windpark
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Flächeneffizienteste Energieform
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Sonnenwämekraftwerk
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1,6 fache Fläche
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Andasol in Spanien
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Fotovoltaik Kraftwerk
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4 fache Fläche
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Großanlage Finowtower, Eberswalde, Freiland 24,3 MWp
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Offshore Windpark
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7,3 fache Fläche
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Windpark Walney, Irland
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Biogaskraftwerk
(auf Basis von Mais)
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78,4 fache Fläche
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Großanlage Klarsee, 40 im Verbund betriebene 500 KW-Anlagen
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Biogasanlagen in der Regel Energie-ineffizient
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In die Energiebilanz der Biogasanlage fließen als größte Posten die Wärmenutzung der Anlage, Transportwege (Anlieferung von Substrat und Abtransport von Gärresten) und Mineraldüngereinsatz ein. Fehlt eine umfassende Wärmenutzung oder sind Transportwege deutlich über 10 km, fällt die Energiebilanz bei NaWaRo-Anlagen nur noch schwach positiv oder sogar negativ aus.
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Energiepflanzenanbau verschärft die weltweite Lebensmittelknappheit
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Deutschland kann sich bereits ohne Energiepflanzenanbau nicht mit Futter selbst versorgen. Für jeden Hektar Acker, auf dem in Deutschland Energiepflanzen angebaut werden, werden woanders, v.a. in Südamerika Futtermittel für uns angebaut. Das führt zur Verknappung von Lebensmitteln weltweit und oder zum klimaschädlichen Umbruch von Savannen, Urwäldern oder Grünland. Die Konkurrenz zwischen Nahrungsmittelerzeugung und Bioenergiepflanzenanbau ist global. Es ist nicht nachvollziehbar warum in Deutschland Tank vor Teller gelten soll, während viele Organisationen davor warnen (Weltagrarbericht, Europäische Umweltagentur, NABU Schleswig-Holstein, Umweltinstitut München): Energiepflanzen dürfen die Lebens- und Futtermittelerzeugung nicht verdrängen!
Allein Deutschland treibt den Biogas-Wahn voran: Im Jahr 2009 befanden sich 80% aller Biogas- Anlagen weltweit in Deutschland (WWT, 2009). Nach dem Förderboom des EEG 2009 dürfte der Anteil Deutschlands an allen weltweit existierenden Anlagen über 90% gestiegen sein. Ein fragwürdiger Weltrekord.
Biogas eine deutsche Fehlentwicklung?
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Biogas verdrängt Ökolandbau
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Biogas wird stärker gefördert als der Ökolandbau. Dadurch wird die Entwicklung des Ökolandbaus massiv behindert. Die Folgen lassen sich bereits an den Zuwachsraten der Anzahl von Ökobetrieben in Bayern ablesen: Der Zuwachs von nur 1,6 % im Jahr 2011 war der geringste seit 10 Jahren. Bis 2008 stieg der jährliche prozentuale Zuwachs an Ökobetrieben. Seit 2008 sank der Zuwachs von 8,6% auf 5,6% in 2010 und nun 1,6% in 2011. Biogas hat daran maßgeblichen Anteil. Die überzogene Biogasförderung gefährdet die bundesdeutschen Bemühungen um Nachhaltigkeit. 20 Prozent der Landwirtschaftsfläche sollen ökologisch bewirtschaftet werden das ist eines der formulierten Nachhaltigkeitskriterien der Bundesregierung. Doch der subventionsbedingte Konkurrenzvorteil von Biogas gegenüber Ökolandbau droht das ohnehin schon schwache Wachstum des Ökolandbaus abzuwürgen.
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Biogasförderung einschränken auf Reststoffverwertung
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Die Förderung von Biogas sollte eingeschränkt werden auf sinnvolle und nachhaltige Zwecke: Verwertung von Reststoffen aus Landwirtschaft und Landschaftspflege sowie von Biomasseabfällen bzw. Wirtschaftsdüngern/Gülle.
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Der Demeter-Verband fordert die Bundesregierung auf,
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den Empfehlungen von Europäischer Umweltagentur, BioÖkonomieRat und des Weltagrarberichts zu folgen und das Energieeinspeisegesetz zügig einer entsprechenden Revision zu unterziehen. Die nachteiligen Wirkungen des einseitigen Energiepflanzenanbaus müssen behoben werden, das Missverhältnis zum Ökolandbau muss korrigiert werden. Eine Ausweitung des Energiepflanzenanbaus darf nicht weiter gefördert werden.
Die einseitige Förderung von Biogaserzeugung mit den für 20 Jahre garantierten Vergütungssätzen muss schnellstmöglich gestoppt werden. Das hält den auf 20 Jahre fahrenden Zug zwar nicht an, verhindert aber dass noch immer weitere Wagen hinten angehängt werden. Tank statt Teller ist auch in Deutschland ein Irrweg.
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